"Die Wissenschaft definiert einen Onlinesüchtigen als jemanden, der 35 Stunden pro Woche oder mehr im Internet verbringt", erklärt Gabriele Farke, Onlinesucht-Beraterin und Initiatorin des Selbsthilfe-Portals Onlinesucht.de. In der Praxis greife diese Definition jedoch zu kurz, da nach Farkes Erfahrung meist das soziale Umfeld den entscheidenden Ausschlag gebe. Erst wenn der Betroffene beispielsweise seine sozialen Kontakte vernachlässige und in weiterer Folge auch verliere, könne tatsächlich von Onlinesucht gesprochen werden. "Dies ist dann der Fall, wenn derjenige das Internet nicht in sein Leben integriert, sondern sein Leben dem Internetkonsum anpasst", führt Farke aus. Die Expertin schätzt, dass in Deutschland derzeit knapp 2 Millionen Menschen akut von der Sucht betroffen sind – mit steigender Tendenz.
Der US-Psychologe Jerald Block kommt nun in seinem Leitartikel in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins American Journal of Psychiatry zu dem Schluss, dass Onlinesucht eine "gewöhnliche zwanghaft-impulsive Funktionsstörung" sei, die in das offizielle psychiatrische Handbuch der Geistesstörungen aufgenommen werden sollte. Wie für Suchterkrankungen üblich, könne nämlich auch die Onlinesucht anhand konkreter Symptome, die der Betroffene zeigt, diagnostiziert werden. Nach Blocks Ansicht seien Merkmale wie Entzugserscheinungen, der ständige Wunsch nach mehr und soziale Isolation eindeutige Belege für das Vorhandensein einer Onlinesucht. "Abhängige können jegliches Zeitgefühl verlieren und sich ihrem inneren Antrieb verweigern, der sie zu grundlegenden Tätigkeiten wie essen oder schlafen drängt", stellt der Psychologe fest.
Nach nunmehr 12 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik sieht auch Gabriele Farke die anfängliche Skepsis im Bezug auf das Phänomen ausgeräumt. Allerdings fehle in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer ein ein ausreichend ausgeprägtes Bewusstsein für Onlinesucht. Die Expertin unterstützt daher Forderungen nach einer offiziellen Anerkennung des Krankheitsbildes Onlinesucht als ein längst überfälliges wichtiges Zeichen für die Öffentlichkeit. "Wegen der fehlenden offiziellen Anerkennung werden derartige Probleme von Angehörigen oft einfach unter den Teppich gekehrt", kritisiert Farke.
In der Praxis sind grundsätzlich drei verschiedene Ausprägungen der Krankheit zu unterscheiden: Online-Spielsucht, Online-Chatsucht und Online-Sexsucht. Wobei letztere in Deutschland am stärksten ausgeprägt und hauptsächlich bei Männern zwischen 19 und 25 Jahren zu beobachten sei, erläutert Farke. Auch die Spielsucht sei vorwiegend ein Problem männlicher Internetnutzer, während die Online-Chatsucht nach Farkes Erfahrung vornehmlich Frauen betrifft. (pte) (map/c't)
Quelle:www.heise.de
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